1. Themen-Ausstellung
175 Jahre Rheindurchstich

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Artikel aus der Allgemeinen Zeitung, Landskrone
vom 8. Juni 2004







Ein Ziel des Durchstiches war es, die sumpfigen Gebiete beiderseits der Rheinschleife trockenzulegen. Sie waren Hindernisse für die "Leinenreiter", die auf den Leinpfäden die Schiffe flussaufwärts zogen. Auch gingen von den Sümpfen häufig Krankheiten aus.





Der wildreißende Strom, der des öfteren, links- und rechtsrheinisch weite Flächen unter Wasser setzte, verursachte, dass viele Tümpel und große Lachen entstanden. Die Pferde, die in diesen Zeiten, die Klosterschiffe, Marktschiffe und Lauertannen mit langen Seilen stromaufwärts zogen, mussten sehr oft bis zum Bauch durch die Schlammlöcher waten. Strudelreiche Auskolkungen auf der Route verschlangen etliche Schiffe. Hälfterknechte die sogenannten "Leinreiter" waren demzufolge mit großen scharfen Messern ausgestattet um bei Gefahr die Seile kappen zu können um wenigstens die Pferde zu retten. Der Leinpfad, so ist die Wegstrecke benannt, verlief entlang des Rheinbogens, vom Stubengraben über Erfelden bis Stockstadt auf der rechten Rheinseite. Bei Stockstadt, in der Nähe von Schmittshausen, wurden dann die Pferde übergesetzt und es ging linksrheinisch bis Hamm weiter.

Bevor der Rheindurchstich vom hessischen Wasserbaumeister Claus Kröncke 1829 tatsächlich ausgeführt wurde, beschäftigte sich schon sein Vorgänger Carl von Wiebeking mit dem Projekt.

Carl von Wiebeking, war am 25. Juli 1768 in Wollin/Pommem geboren und verstarb am 28. Mai in München. Wiebeking war ein erfolgreicher Wasserbautechniker, geschult an den holländischen Wasserbauten, den bedeutendsten in dieser Zeit. Er besaß eine sehr gut bestückte Bibliothek nebst Kartensammlung speziell über Wasserbau und deren Techniken. Von Gotha kommend, trat er Ende des Jahres 1796 in den hessen-darmstädtischen Dienst. Er beschäftigte sich präzise mit Berechnungen über das Wechselwasser von Rhein und Main, sowie deren Auswirkungen. Leider war diese Beschäftigung nur von kurzer Dauer: denn Wiebeking folgte einem Ruf nach Wien. Er schlug den in hessischem Dienst stehenden Mathematiker H. Jäger als seinen Nachfolger vor. Wiebeking ging dann über Wien nach Bayern und war dort als Generaldirektor für Brücken- und Straßenbau sehr erfolgreich.



Der Rheindurchstich, den Claus Kröncke 1828-1829 realisierte, beendete das freie Spiel des Rheinstroms rund um den Kühkopf. Kröncke hatte 1802 die Nachfolge Carl von Wiebekings als Rheinbauinspektor von Hessen-Darmstadt angetreten.


Dr. Claus Kröncke 1771 - 1843

Claus Kröncke, war am 29. März 1771 in Kirchosten bei Bremen geboren und verstarb am 5.November 1843 in Darmstadt. Kröncke widmete sich, an der 1768 gegründeten Hamburger Handelsakademie, unter Mathematik-Professor J. Georg Busch, den mathematischen Studien. Er arbeitete an dem Werk Buschs schon während seiner Studienzeit mit.

Titel: "Versuch einer Mathematik zum Nutzen und Vergnügen des bürgerlichen Lebens".

Hierin gedachte Busch in seiner Vorrede seines Schülers Claus Kröncke in dankbarer und lobenswerter Weise für dessen Mitarbeit. J. Georg Busch war am 3. Januar 1728 in Altenmeding bei Bevensen in der Lüneburger Heide geboren und verstarb am 5. August 1800 in Hamburg.

In seiner beruflichen Laufbahn war Kröncke seit 1798 als hessischer Chaussee-Inspektor in Gießen tätig. Durch den Abgang Wiebekings wurde er von der Regierung nach Darmstadt berufen. Am 24. Mai 1802 trat er als Steuerrat und Rheinbauinspektor seinen Dienst an und der als Nachfolger Wiebekings vorgeschlagene Mathematiker Jäger besetzte die vakante Stelle in Gießen.
Kröncke wurde Großherzoglicher Geheimrat und Oberbauinspektor zu Darmstadt und erwarb späterhin den Doktortitel. Unter seiner Regie erfolgten umfangreiche Verhandlungen und zum guten Schluß die Verwirklichung des Rheindurchstiches in den Jahren 1828/1829.









Nach Abschluss der Arbeiten wurde im Jahre 1829 folgender Brief über die erfolgreiche Mission an den Großherzog von Hessen-Darmstadt verfasst:

Der genaue Wortlaut des Originalbriefes

Allerdurchlauchigster Großherzog,
Allergnädigster Herr.

Eurer Königlichen Hoheit wage ich die allerunterthänigste unmittelbare Anzeige zu machen, daß die Öffnung des Rheindurchstichs am Geyer bey einem Wasserstand von 6 Fuß l Zoll am Pegel gestern glücklich erfolgt ist.

Da ich bey der letzten Durchstichs-Arbeit wegen Krankheit nicht zugegen seyn konnte, so wird es mir allergnädigst erlaubt werden, aus dem von dem ausführenden Wasserbaumeister Waibler soeben eingekommenen Berichte die Versicherung allerunterthänigst anzuführen, daß nach dem kräftigen Einströmen des Wassers (das sowohl Waiblers, als die mitanwesend gewesenen Großherzogl. Wasserbauinspektoren Geilfus, Amelung und Schuhknecht nicht geringeren Erwartung weit übertroffen habe) die glückliche Folgen dieses unter Allerhöchst Dero glorreichen Regierung aufgeführten großen Werkes außer Zweifel sind. Heil und Segen dem erhabensten Regenten für diese der ganzen Rheingegend erzeigten großen Wohltat!

Die Öffnung des Durchstichs wurde in l 1/2 Stunde vollbracht, und noch ehe sie auf die ganze Kanalbreite statt gefunden hatte, wurde der Durchstich in der ganzen Länge mit einem großen Ankernachen befahren, wobey die Strömung so stark befunden wurde, daß ungeachtet des niedrigen Wasserstandes, sich sogleich an mehreren Stellen der Ufer Abbruch zeigte.

In der nächsten Woche werden nach diesem Bericht wahrscheinlich schon mittlere Schiffe, z.B. das Gernsheimer Marktschiff, den Durchstich zu ihrer Fahrt benutzen, und es steht danach ferner zu erwarten, daß nach dem Eintritte eines hohen Stromwassers eine solche Vertiefung und Erweiterung des Kanals erfolgen werde, die ihn für die ganze Schiffahrt des Rheins brauchbar machen.

Ich ersterbe in tiefster Ehrfurcht
Euer Königlicher Hoheit

allerunterthänigster
Kröncke
Darmstadt, l.May 1829