hommage an Georg K. Glaser

als ich ihn kennenlernte
war er fast 80
und glaubte
seine Tage seien
gezählt

rustikal wirkte er
derb und hemdsärmlig
mit Schiffermütze und
Pfeife im Mund

ich hörte ihn lesen
fuhr ihn zu Lesungen

kein abgehobener Künstler
nicht eingebildet nicht elitär
mit beiden Beinen
stand er auf der Erde
kein lyrischer Spinner philosophischer
Schwätzer, der oben
und unten verwechselte

ohne intellektuellen touch
die Gruppe 47 wollte
nichts von ihm wissen

aber sprachgewandt
sprachgewaltig, Geheimnis
und Gewalt, seine Biographie
des Jahrhunderts
sein Jahrhundertbuch
wurde wenig beachtet
war von der Literaturgeschichte
vergessen worden

er war Einzelkämpfer
suchte nicht
buhlte nicht
um Anerkennung

seine rheinhessische Heimat
hatte er nie vergessen
war Deutscher
war Franzose
kämpfte in der resistance
gegen Hitler

nach dem Krieg
suchte er als Kupfer- und
Silberschmied in Paris seinen
anarchischen Traum von der
nichtentfremdeten Arbeit
zu leben

von Gerhard Antoni, Guntersblum, Januar 2011

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