Im kleinen, quicklebendigen Museum im Kellerweg strahlen Gesichter zur Adventszeit. Statt Konsumterror wirken Ansichtssachen. Kein "Geiz ist geil" – kein Angebot zwingt zum Notkauf unpersönlicher Geschenkideen. Dafür lehrt vergessener "Kinderkram" wieder Wünsche auszusprechen. Historisches Spielzeug plaudert leicht und licht. Fast jeder träumte davon, auf Eisenbahnen blickend, selbst Lokführer zu werden. Schrammen am Feuerwehrauto aus Blech stören nicht. Wer ein Flugzeug oder ein Boot in Händen hält, wird augenblicklich Pilot oder Kapitän.. – Teddybären lassen Kuscheln zu und Puppen fühlen sich nach dem ersten Kuss im wiegenden Wagen zurecht. Puppenküchen zeigen nostalgische Details und weihnachtliche Bilderbücher entführen in sorgenlose Kinderwelten. Klar flirten solche "Ausstellungsobjekte" nostalgisch von glücklicher Kindheit. Etwas schlechtes Gewissen spielt mit. Weil materielle Verführer, so schön sie ausschauen, den wahren Sinn von Weihnacht verstellen –
Vielleicht wartet Guntersblum deshalb mit einer verzaubernden Krippe auf. Das biblische Szenario um Christi Geburt wird augenfällig. In mehrstündiger Arbeit "bastelt" Sandra Reinhard, "Meisterin" der Aschaffenburger Krippenfreunde, aus natürlichem Material wie Wurzeln, Weinreben, Pinienmulch, Moos oder Sand die Landschaft bei Bethlehem "en miniature". Ein Unikat entsteht, das sich dem Raum anpasst. - "Ziel unseres Vereins bleibt, den christlichen Brauch zu erhalten und zu beleben.", erzählt die Kunsthandwerkerin begeistert. "Dem Bayerischen Dachverband gehören über 5000 Mitglieder an, bei uns sind etwa 120 Leute aktiv.", ergänzt der ebenfalls aus Unterfranken angereiste Rudi Ellenrieder. – Solch nüchterne Daten illustrieren mehr als das aufrichtige Interesse aktiver Krippenbauer. Religiöse Volkskunst gewinnt wieder an Konjunktur, weil sie Menschen berührt abseits wirtschaftlichen Kalküls. Beginnt nicht die "frohe Botschaft" der Weihnachtsgeschichte im Mangel?
Maria und Joseph finden nur im Stall Herberge. Auf Stroh gebettet gebiert die müde Wanderin ihren Sohn, dem eine Futterkrippe als Lager genügt. Nur der Atem von Esel und Ochse wärmen das Jesuskind. Doch arme Hirten beten bereits, andächtig kniend, beruhigt durch Engelsstimmen. - Ihre kleine Schafherde grast unweit. – Zu solch vertrauten Bild sammeln sich filigran handbemalte Figuren aus Katalonien. "Arte cristiano" nennt sich die Tradition dort. Etwa vierzig sorgsam modulierte Kleinskulpturen beleben die Szene, führen auch den "Brauch des Schenkens" auf das Neue Testament zurück: Drei weise Könige, vom Kometen geleitet, finden die Geburtsstätte. Kamelführer begleiten Kaspar, Melchior und Baltasar, die wertvolle Gaben überreichen wollen. Einige exotisch bekleidete Diener harren im Beduinenzelt, bleiben im Hintergrund. Liebe zum Detail überzeugt und macht das stumme Ensemble beredt.
Professor Hermann Breinl, Mediziner aus Rüsselsheim, vermittelte den Kontakt zu den Krippenfreunden. Nicht zum ersten Mal unterstützt der Wissenschaftler mit Herz das Projekt "Museum Guntersblum". Denn vor vier Jahren zeichnete er auch für die "Christbaum-Ausstellung" mitverantwortlich. "Es begeistert mich, wenn eine relativ kleine Gemeinde soviel Kultur ermöglicht", lobt er das Team um den Vorsitzenden Reiner Schmitt. Begeistert vom malerischen Werk Carl Küstners fand ein Kunstsammler nach Guntersblum. Zufällig wächst Freundschaft, aber bleibend. Keine Frage – Breinl wird sich unter Glückssucher mischen, wenn heuer zum ersten Advent die Wunderschau eröffnet wird. An allen Adventssonntagen wird die Ausstellung bei Kuchen und Kaffee und sonstigen heißen Getränken zwischen 14 und 18 Uhr im Kellerweg geöffnet sein.